Durchblick im europäischen Normen-Dschungel für Funksysteme

Wer in Europa ein neues Funksystem auf den Markt bringen will, muss wissen welche Richtlinien und Normen vom Produkt eingehalten werden müssen. Da es aber unzählige Richtlinien und noch viel mehr Normen gibt, ist es gar nicht so einfach den Überblick zu behalten. Wir als Entwickler und Hersteller von Funksystemen beschäftigen uns seit einigen Jahren etwas intensiver mit diesem Thema und haben hier einen generellen Überblick zum europäischen Normenwesen für Funksysteme zusammengestellt.



Was ist der Unterschied zwischen einer EU-Richtlinie und einer Norm?

Um im europäischen Raum einen Standard zu schaffen, erstellt die EU eine EU-Richtlinie. Danach erfolgt die konkrete Spezifizierung einer EU-Richtlinie über verschiedene Normen. Diese definieren die europäischen Normenorganisationen. Es gibt drei grosse europäische Normenorganisationen welche den grössten Teil der Normen erarbeiten. Für die Elektrotechnik und speziell für die Funktechnologie sind hauptsächlich zwei Organisationen zuständig.

  • Europäisches Institut für Tellkommunikationsnormen (ETSI) 
    ist für das Definieren der Normen im Bereich der Funktechnologie zuständig. Die Normen werden kostenlos zur Verfügung gestellt.
  • Europäische Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC) 
    ist für das Definieren der Normen für die Elektrotechnik zuständig. Diese Normen müssen gekauft werden.

Für die Normen aus anderen Bereichen steht das Europäische Komitee für Normung (CEN). Auch diese müssen grösstenteils gekauft werden.


Welche EU-Richtlinien gelten für Funksysteme?

Speziell für Funkprodukte gilt die EU-Richtlinie „Radio Equipment Directive“ (RED). Generell für alle elektrischen Geräte gelten zudem drei weitere EU-Richtlinien, EMV, LVD und RoHS. Mit diesen vier Richtlinien sollen folgende Ziele erreicht werden:

  • effiziente Nutzung des Funkfrequenzbandes (RED - 2014/53/EU)
  • Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV - 2014/30/EU)
  • Gesundheit und Sicherheit (LVD - 2014/35/EU)
  • Verwendung gefährlicher Stoffe (RoHS - 2011/65/EU)

Die Niederspannungsrichtlinie (LVD) muss grundsätzlich nur angewendet werden, wenn die Nennspannung von einem Gerät grösser als 50V AC oder 75V DC ist. Die RED schreibt jedoch vor, dass diese Richtlinie ohne untere Spannungsgrenzen für alle Funksysteme gültig ist! Somit müssen selbst batteriebetriebene Funksysteme diese Richtlinie erfüllen. Für alle elektronischen Geräte gilt zusätzlich noch die EU-Richtlinie „Restriction of Hazardous Substances“ (RoHS – 2011/65/EU), welche die Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe einschränkt.

Auf der Webseite der Europäischen Kommission findet man alle entsprechenden EU-Richtlinien.


Welche Normen gelten für Funksysteme?

Bis jetzt wissen wir zwar welche EU-Richtlinie man einhalten muss, jedoch ist noch nicht klar, welche Normen effektiv anzuwenden sind. Daher ist dies die spannendste und wichtigste Frage. Denn erst wenn man die anzuwendende Norm bestimmen kann, kennt man die Grenzwerte welche vom Funksystem eingehalten werden müssen. Wie findet man nun heraus, welche Normen bei einem Funksystem überhaupt angewendet werden müssen? Es gibt drei Möglichkeiten um dies herauszufinden:

  • In der Schweiz gibt es vom „Bundesamt für Kommunikation“ (BAKOM) eine Webseite mit der Übersicht über alle verschiedenen Funkanwendungen. Zu jeder Funkanwendung sind Technische Schnittstellenanforderungen (RIR) hinterlegt, welche die anzuwendenden Funk-Normen auflistet. Beispielsweise für ein 433.92MHz SRD Funksystem können "RIR1008 - Allgemeiner Kurzstreckenfunk" und "RIR1008-05 (Non-specific SRDs, 433.050-434.790 MHz, 10mW e.r.p / 10% DC)" gewählt werden. Es werden folgende Funk-Normen aufgelistet:
    • Normen: EN 300 220-2 und EN 431 489-3 


  • Auf der Webseite der ETSI gibt es eine Übersicht verschiedener Technologien. Wählt man beispielsweise für ein 433.92MHz SRD Funksystemdie die entsprechende Technologie "Technologies & Clusters - Technologies - Radio - Short Range Devices" aus, so werden auch hier die anzuwendenden Funk-Normen aufgelistet:  
    • Normen: EN 300 220-1 und EN 300 220-2, EN 431 489-1 und EN 431 489-3
    • EU-Richtlinie: RED


  • Eine weitere gute Möglichkeit ist die Nachfrage bei einem Testlabor. Diese können oft direkt angeben, welche Normen für eine bestimmte Produktegruppe angewendet werden müssen.


EU-Richtline und Normen für Funksysteme

EU-Richtline und Normen für Funksysteme


Wie finde ich die aktuellste Normen-Version?

Nun kennt man grundsätzlich die entsprechenden anzuwendenden Normen. Da eine Norm meistens mehrfach überarbeitet wurde, gibt es oft mehrere Versionen. Um nun herauszufinden, welches die neuste Version ist und ob die vorhandene Version einer Norm für die aktuelle EU-Richtlinie bestimmt ist, gibt es wieder zwei Möglichkeiten.

  • Zu jeder EU-Richtlinie gibt es eine Liste mit den zugehörigen harmonisierten Normen. Diese findet man auf der Webseite der Europäischen Kommission (beim Link der entsprechenden EU-Richtlinie).
  • Auf der ETSI Suchwebseite können alle publizierten Versionen einer Norm gesucht und gedownloadet werden. In der Norm selber ist immer die entsprechend zugehörige Richtlinie aufgeführt. So kann man direkt in der Norm prüfen, für welche EU-Richtlinie diese erstellt wurde. 


Als Entwickler und Hersteller von Funksystemen ist es wichtig, dass man sich in diesem Normenwirrwarr zurecht findet. Wir unterstützen Sie daher gerne bei Ihrem nächsten Funkprojekt. Unser Fachwissen kann bei Ihnen viel Zeit und Geld sparen.

 


Ihre Ansprechperson

F. Kugler
Verkauf & Entwicklung
Elektroingenieur FH (BSc in Elektrotechnik)

T +41 41 494 07 06

F. Kugler